Alles anzeigen... weil das die Eltern des notdürftigen Kleinkinds freut oder den Senior mit Blasenschwäche.... z.B.
... naja, wenn ein Jogger sich verkalkuliert hat und bei mir mit zugekniffenen Augen klingelt, schon. Im übrigen ist die Gesellschaft nicht derart konditioniert, daß man wahllos bei privat klingelt, um seine Notdurft verrichten zu dürfen... bei Geschäften mit restaurantartigem Betrieb, weiß man zumindest, daß es eine Toilette gibt, die nicht nur für die Mitarbeiter vorgehalten wird.
Im Grunde berührt diese spezielle Frage eine grundsätzliche Thematik. Angelsächsische Wirtschaftsethik vs. mitteleuropäische Wirtschaftsethik; Eigentum als private Beute vs. Eigentum als Auftrag der Allgemeinheit... aber da kämen wir jetzt vom Hunderste ins Tausendste.
Was die WC-Frage angeht sitze ich quasi zwischen den Stühlen. In meiner Welt wäre es unanständig davon auszugehen, daß man ganz selbstverständlich die Kundentoilette eines Geschäfts benutzen darf, ohne Kunde zu sein. In meiner Welt wäre es aber auch unanständig eine Toilette einem Notdürftigen zu verwehren. Es wäre in meiner Welt unschön, wenn man für den Toilettengang Geld verlangen würde. Ebenso unschön wäre es in meiner Welt, wenn man, nur weil es nicht verlangt wird, keinen Obulus für den Toilettengang als Nichtkunde daläßt. Es wäre in meiner Welt also keine Frage von Regeln, Gesetzen oder Ökonomie; sondern nur von Stil, Form und Anstand.
EIn Lied zum Thema (der Interpret hat später tatsächlich geklagt, aber verloren)
Kraftklub feat. Rainald Grebe & MC Egersdörfer - Sanifair | Die Anstalt
Wir diskutieren hier über eine Gebühr von max. 1 € für den Toilettengang. Das sollte weder die Eltern des notdürftigen Kleinkinds noch den Senior mit Blasenschwäche in den finanziellen Ruin treiben. Es geht ja auch nicht darum, dass eine Toilette nicht zur Verfügung gestellt (verwehrt) wird, sondern darum, dass für die Inanspruchnahme dieser Leistung ein Obulus zu bezahlen ist, um die Kosten für diese Leistung zu kompensieren. Etwas überspitzt könnte man sagen, dass derjenige, der für diese Leistung seinen Obulus nicht entrichtet, ein Schmarotzer ist, der schnorrt zu Lasten derjenigen, die den Obulus als Kunde oder freiwillig bezahlen.
Der Argumentation am Schluss kann ich folgen - die Realität sieht aber leider so aus, dass eben eine erhebliche Zahl den Obulus freiwillig nicht entrichtet. Würde das freiwillig funktionieren, gäbe es kein Problem. Fände ich auch schöner.
Wir erleben aber doch täglich: Da wird sich gebrüstet, dass man sich im stationären Fachgeschäft hat gut beraten lassen und dann Online billiger gekauft hat. Sehr clever. Und dann ist das Erstaunen groß, wenn der stationäre Fachhandler zumacht und es keine Beratung mehr gibt...Der ist dann natürlich selber Schuld, weil er ja zu teuer war.
Oder es wird in Online-Apotheken billiger eingekauft - nicht daran denkend, dass die Apotheke vor Ort mit ihrem lokalen Präsenzangebot (inkl. Notdienst) einfach erheblich höhere Kosten hat. Was mache ich im Notfall, wenn es keine Präsenzapotheke mit Notdienst mehr gibt und ich dringend Medikamente brauche? Online bestellen? Oder 50 km zur nächsten Präsenzapotheke mit Notdienst fahren? Wir müssen uns schon auch selbst an die eigene Nase packen, wenn wir bestimmte Entwicklungen beklagen.
Das ist leider die Realität.